Von allen möglichen Zuschlägen auf die gesetzlich vorgegebene Richtwertmiete, ist der Lagezuschlag der wichtigste. In den gefragtesten Bezirken konnten Vermieter ihre erlaubte Miete mehr als verdoppeln. Ein Beschluss des OGH hat zu einer Neuregelung geführt. Experten glauben, dass damit die Mieten in Zinshäusern sinken werden.
Mietverträge in Zinshäusern unterliegen in der Regel dem Richtwert. Jedenfalls dann, wenn sie ab dem 1. März 1994 abgeschlossen wurden. Der Richtwert definiert die Miete, die für eine sogenannte Normwohnung verlangt werden darf. Eine solche Wohnung ist gemäß Richtwertgesetz § 2 zwischen 30 und 130 Quadratmeter groß und muss in einem brauchbaren Zustand sein. Darüber hinaus muss die Wohnung über Zimmer, Küche oder Kochnische, Vorraum, Klosett, einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) sowie über eine Etagenheizung oder eine gleichwertige stationäre Heizung verfügen. Außerdem ist es wichtig, dass sie in einem Gebäude mit ordnungsgemäßem Erhaltungszustand liegt auf einer Liegenschaft mit durchschnittlicher Lage.
In Wien beträgt der Richtwert aktuell 5,58 Euro/m2. Für eine bessere Ausstattung und Lage dürfen Zinshausbesitzer bzw. Vermieter etwas draufschlagen. Dafür waren bei der Lage der Immobilie bis dato ausschließlich die Grundstückskosten (Grundkostenanteile) entscheidend. Lagen diese bei mehr als 288 Euro, wurde eine überdurchschnittliche Lage angenommen.
Diese Annahme war zwar nicht rechtlich bindend, aber ein wichtiger Anhaltspunkt, um zu bestimmen wo und in welcher Höhe ein Lagezuschlag zulässig ist. Das konnte man bisher ganz einfach in der Lagezuschlagskarte nachzulesen.
Diese Karte wird von der Abteilung Stadterneuerung und Prüfstelle für Wohnhäuser der Stadt Wien (MA 25) erstellt und zeigt in unterschiedlichen Farben die möglichen Lagezuschläge für Ihr Zinshaus – von null Euro in einer durchschnittlichen Lage bis zu 10,93 Euro im ersten Bezirk.
Abrufbar ist die Lagezuschlagkarte unter www.wien.gv.at/wohnen/wohnbautechnik/ahs-info/lagezuschlagskarte.html
Wer allerdings der Meinung war, dass seine Wohnung bzw. sein Zinshaus einen höheren Lagezuschlag verdient hätte, konnte das mit einem entsprechenden Gutachten vor dem Bezirksgericht versuchen zu beweisen.
Ein Urteil des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen und eine diesem Urteil folgende Entscheidung des Obersten Gerichtshof (OGH) sorgt jetzt aber dafür, dass die Qualität von Wohnlagen in Wien teilweise gänzlich neu definiert werden müssen.
Konkret ging es dabei um eine Wohnung im 5. Bezirk, bei der die Entfernung zur U-Bahn mit 350 Metern im Rekursverfahren (in erster Instanz war die Klage der Mieterin noch abgewiesen worden) nicht als „überdurchschnittlich“ anerkannt wurde. Ebenso wenig wie die Anbindung an Buslinien, die vom Gericht für den 5. Bezirk als durchaus üblich – und daher nicht als überdurchschnittlich – beurteilt wurde. Auch, dass Nahversorger fußläufig in fünf Minuten erreichbar sind, wurde als „normal“ angesehen.
In Folge dieses Urteils musste der OGH eine Entscheidung über die Handhabung der Vergleichsgebiete für den Lagezuschlag treffen. Demnach muss nunmehr die konkrete Lage bzw. Wohnumgebung Ihres Zinshauses mit anderen Lagen (Wohnumgebungen) verglichen werden. Das Stadtgebiet als Referenzrahmen reicht dazu nicht mehr aus. Außerdem muss der Vermieter bzw. Zinshausbesitzer einen Nachweis erbringen, „dass es konkrete Anhaltspunkte (Wohnumgebungsfaktoren) gibt, die die Annahme einer überdurchschnittlichen Lage erlauben.“
Fazit: Die Entscheidung des OGH erschwert damit die Verrechnung von Lagezuschlägen. Kommt es zu einem Mietzinsüberprüfungsverfahren, müssen Vermieter beweisen, dass die konkrete Wohnumgebung eine höhere Miete rechtfertigt. Experten und Politiker gehen daher davon aus, dass die erzielbaren Mieten in Zinshäusern sinken werden. Und das hat natürlich auch Folgen auf die Bewertung eines Zinshauses.
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